
MODERN MERMATES
von Simone Saftig
THEATER BADEN- BADEN
"Ich hab Bock auf radikale Mythologie.
Leckt mir die Schwanzflosse, ihr Fischfresser,
es reicht!"
Menschen sagen, denken und fabrizieren hauptsächlich Quatsch. Das ist Amphinome und Thetis mehr als klar. Die beiden Mermates – kein Rechtschreibfehler, sondern die selbstbewusste Selbstbezeichnung der beiden Meerjungfrauen – leiden ebenso unter der menschlichen Idealvorstellung ihres Daseins wie der abgehalfterte Delfin Dirk, der mit dem gesüßten Flipper-Image zu kämpfen hat. Viel dramatischer ist allerdings, dass die Turbo-Touristen-Hotellerie-Branche die ganze Ostsee vollmüllt. Das Trio legt harte Bandagen an, zieht vor Gericht und … scheitert phänomenal. Was nun? Härtere Bandagen, mit Sirenengesang Kreuzfahrtschiffe in die Tiefe ziehen, Katastrophen mythischen Ausmaßes hervorrufen, Gleiches mit Gleichem vergelten? Oder wie wäre es, die längst vergessene Meeresgöttin Sephna um Hilfe zu bitten? Götter haben doch stets Menschen zur Vernunft gebracht.
MIT Carl Herten, Constanze Wenig, Kinga Ötvös
INSZENIERUNG Merle Zurawski
BÜHNE, VIDEO, KOSTÜME Kathrin Frech, Nele Schiller
MUSIK- UND KLANGPERFORMANCE Kinga Ötvös
DRAMATURGIE Birga Ipsen
THEATERPÄDAGOGIK Isabell Dachsteiner
Premiere: 10.10.2025
Theater Baden-Baden
FOTOS: (c) Theater Baden-Baden_Jochen Klenk

in den worten anderer
DIE JUNGE BÜHNE:
Die Inszenierung von Merle Zurawski zeigt, wie auch die Umwelt des Figurentrios unter dem Einfluss der Menschen leidet: Verschmutzung, Überfischung, Lärmbelästigung. Mit ihrer Parole: „Die wollen Me(eh)r, immer, immer mehr. Wir wollen Me(eh)r, unser Meer zurück!“, sagen sie den Menschen an Land gemeinsam den Kampf an. (…) Neben klassischem Wellenrauschen wird das Publikum in elektronisch selbsterzeugten Tiefseeklängen gewogen. Die herabhängenden und zugleich beweglichen lilafarbenen Plüsch-Tentakel erweisen sich als Multifunktionswaffe: Korallenriff, Nymphen-Felsen, Trennlinie zwischen Wasser und Land.
Henrike Wagner